Gastkommentar von Evelyn Regner, Vize-Präsidentin des EU-Parlaments, zum Weltfrauentag.
Heute ist der 8. März – Weltfrauentag! Wann, wenn nicht heute sollten wir innehalten und reflektieren: Wie stärken wir Frauen in unserer Gesellschaft? Und wie schützen wir sie vor patriarchaler Gewalt? Die EU gibt viele Antworten!
Der Druck auf Frauen in unserer Gesellschaft ist groß und kommt von verschiedenen Seiten: Die junge, gut ausgebildete Frau soll Karriere machen und nebenbei noch Kinder großziehen und sich um den Haushalt kümmern. Zugleich muss sie sich aber damit abfinden, dass die „Top-Jobs“ für Männer reserviert sind und die Männer-dominierten MINT-Fächer besser gefragte und besser bezahlte Arbeitsplätze bieten. Hier muss sich endlich etwas ändern! Wir brauchen gleiche Repräsentation auf allen Ebenen in Unternehmen, gleiche Löhne für gleiche Arbeit, und darüber hinaus Kindergartenplätze, die mit den Arbeitszeiten kompatibel sind und Arbeitgeber*innen, die Verständnis für junge Eltern haben.
Aus diesem Grund haben wir im Europäischen Parlament für die die sogenannte „Work-Live-Balance“-Richtlinie gekämpft, die unter anderem dafür sorgt, dass Vätern unabhängig von Müttern zwei Monate Vaterschaftskarenz zusteht. Ist das revolutionär? Nein! Ändert diese Maßnahme viel im Alltag für junge Mütter? Ja! Denn wenn Väter sich zumindest zwei Monate um Kind und Haushalt kümmern, während die Mutter arbeiten geht, dann ist schon viel gewonnen. Wichtig wäre, dass diese Vorgaben auch endlich umgesetzt werden – Österreich ist hier immer noch säumig. Gleichzeitig soll die Lohntransparenz-Richtlinie, die in den kommenden Monaten verabschiedet wird, sicherstellen, dass Frauen für die gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten wie ihre männlichen Kollegen.
Neben dem gesellschaftlichen Druck, dem viele Frauen täglich ausgesetzt sind, ist auch leider Gewalt immer noch ein großes Thema, das für viele Mädchen und Frauen ein freies und selbstbestimmtes Leben unmöglich macht. Auch hier ist die Politik gefragt: Wir brauchen einen Rechtsrahmen, der Gewalt nicht nur sanktioniert, sondern sie präventiv verhindert.
Nach jahrelangem Druck durch das EU-Parlament und einem EuGH-Gutachten hat der Rat nun beschlossen, dass die EU die Istanbul-Konvention ratifizieren wird. Das ist ein wichtiger Schritt für alle in der EU lebenden Frauen – die Istanbul-Konvention ist das erste völkerrechtlich verbindliche Instrument zur umfassenden Bekämpfung aller Formen von Gewalt an Frauen und Mädchen in Europa. Gleichzeitig muss aber auch bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention in vielen Mitgliedsstaaten noch einiges getan werden. In Österreich hapert es, bis auf wenige Ausnahmen wie Wien, noch an der Verwirklichung der Ziele: Mehr Frauenhäuser, mehr Präventionsmaßnahmen und mehr Hilfsangebote für Betroffene von Gewalt sind gefragt. Parallel dazu wird gerade in der EU ein großes Antigewalt-Paket verhandelt, das vor allem vor häuslicher Gewalt schützen soll. Es inkludiert darüber hinaus auch Online-Gewalt, wie die nicht-einverständliche Weitergabe von intimen Bildern oder Videos, sowie Online-Mobbing.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die EU essenzielle Standards setzt, um das Leben aller Frauen in der gesamten EU langfristig zu verbessern. Nicht nur die unmittelbaren Gewaltschutzmaßnahmen auf EU-Ebene, sondern auch weitere regulatorische Bausteine, wie die Lohntransparenz-Richtlinie, das EU-weite Mindesteinkommen, die Work-Live-Balance-Richtlinie, sowie die verbindliche Frauenquote in Aufsichtsräten, schaffen die Grundlage für ein selbstbestimmtes, finanziell unabhängiges Leben für Frauen. Die Brisanz dieser Themen ist nicht in allen Parteienfamilien gleich präsent, aber die Frage, wer sich um Gewaltschutz für Frauen kümmert, ist eigentlich recht leicht beantwortet: die EU!