Mehr Steuergerechtigkeit: EU-Parlament stimmte für Gesetz gegen Briefkastenfirmen

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Das EU-Parlament hat für ein Gesetz gegen Steuervermeidung durch Briefkastenfirmen gestimmt. Durch die Unshell-Richtlinie sollen Unternehmen verpflichtet werden, ihre Firmenstrukturen, die Anzahl der jeweiligen Mitarbeiter:innen sowie die jeweiligen Gewinne und Verluste offenzulegen. Mithilfe dieser Informationen beurteilen Steuerbehörden dann, ob es sich um eine Scheinniederlassung handelt oder nicht. Bestätigt sich der Verdacht, droht der Verlust von Steuervorteilen.

60 Milliarden Euro: Soviel Steuergeld entgeht der EU durch die (noch) legalen Buchhaltungstricks der großen Konzerne. Und das jedes Jahr. Geld, das eigentlich der Gesellschaft gehört. Geld, das fehlt: zum Beispiel für Schulen, Spitäler und Sozialleistungen. 

Geht es nach dem EU-Parlament, dann soll sich das jedoch ab 2024 ändern. 

Unshell-Richtlinie: Gesetz gegen Briefkastenfirmen

Am 7. Januar, hat das EU-Parlament für die Unshell-Richtlinie gestimmt. Einen Gesetzesvorschlag, der es Unternehmen erschweren soll, Schein- oder Briefkastenfirmen zu betreiben. Kurz zusammengefasst: Das Gesetz legt fest, wann eine neue Niederlassung als Briefkastenfirma gilt und wann nicht. 

Hierfür soll die Berichtspflicht für Unternehmen verschärft werden: Künftig sollen sie den Steuerbehörden Auskunft über die Struktur des Unternehmens, die jeweilige Anzahl an Beschäftigten, sowie die jeweiligen Gewinne und Verluste vor und nach der Steuer geben müssen. 

Anhand dieser Informationen werden die Unternehmen dann von den Behörden beurteilt.  Unternehmen, die nur auf dem Papier bestehen, sollen künftig von Steuervorteilen des jeweiligen Standorts ausgeschlossen werden. 

„Unternehmen werden die Unterschiede in unseren Steuersystemen nicht länger durch die Einrichtung von Scheinfirmen missbrauchen können. Paul Tang, sozialdemokratischer Berichterstatter über die Unshell-Richtlinie. 

Die Unshell-Richtlinie soll ab 2024 gelten – sofern alle Mitgliedsstaaten zustimmen. 

Die Tricks der großen Konzerne zur Steuervermeidung

Die großen globalen Konzerne erwirtschaften jedes Jahr hohe Gewinne in der EU. Und dennoch zahlen die meisten dafür kaum Steuern. Das Schlimmste daran: Sie verstoßen mit ihren aggressiven Steuervermeidungstricks bisher nicht einmal gegen geltende Gesetze. Wie ist das möglich? Im Wesentlichen gibt es dafür zwei Gründe:

  1. Unterschiedlich hohe Steuern und Steuervorteile in den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten. 
  2. Legale Steuertricks wie Briefkastenfirmen und Gewinnverschiebungen.

Unterschiedlich hohe Steuern und Steuervorteile als Basis für Steuertricks

In jedem EU-Staat sind die Steuern für Unternehmen unterschiedlich hoch.  Mehrwertsteuern, Körperschaftsteuer und Gewinnsteuer variieren stark. Mal ist die Körperschaftsteuer höher (Portugal: 31,5 %), mal ist sie niedriger (Niederlanden: 25,8 %). Hinzu kommen individuelle Steuererleichterungen, die manchen Unternehmen in manchen EU-Staaten gewährt werden. 

Legale Steuertricks: Briefkastenfirmen und Gewinnverschiebungen

Wenn es um Steuervermeidung geht, dann sind die großen Konzerne äußerst kreativ: denn durch ein paar “Buchhaltungstricks” minimieren sie ihren Gewinn extrem. Dadurch müssen sie dann kaum Steuern zahlen. Das erfolgt meist durch die folgenden 3 Schritten: 

  1. Als Erstes gründet der Konzern eine neue Niederlassung in einer Steueroase. Hierfür braucht es nicht mehr als eine Adresse – de facto reicht ein Briefkasten (deswegen auch Briefkastenfirma). 
  2. Diese Firma stellt dann anderen Tochterfirmen des Konzerns Rechnungen aus. Beliebt sind Lizenzen, Markenrechte oder Finanzprodukte, weil dafür die Preise willkürlich festgelegt werden können.  
  3. Mit diesen Rechnungen drückt der Konzern dann seinen Gewinn, und zwar überall dort, wo er dafür sonst hohe Steuern zahlen müsste. Der Gewinn landet folglich bei der neuen Niederlassung, die in der Steueroase dafür quasi nichts zahlt. 

Sollten jedoch alle EU-Mitgliedsstaaten der Unshell-Richtlinie zustimmen, werden es die großen Konzerne ab 2024 nicht mehr ganz so leicht haben.