Gute Nachrichten für junge Europäer:innen: Keine unbezahlten Praktika mehr!
Das EU-Parlament will unbezahlte Praktika verbieten. Junge Menschen sollen zu Beginn ihres Arbeitslebens nicht mehr als billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden. Praktikanten und Praktikantinnen leisten echte Arbeit. Sie haben ein Recht auf faire Bezahlung, Sozialversicherung und Rentenvorsorge. Denn laut einer neuen Studie müssen junge Europäer:innen rund 1.000 pro Monat aufbringen, um sich ein unbezahltes Praktikum überhaupt noch leisten zu können.
Ein unbezahltes Praktikum “kostet” einen jungen Menschen in Europa rund 1.000 Euro pro Monat. Das fand eine Studie des “Europäischen Jugendforums” heraus. Der Betrag ergibt sich aus den angenommenen Lebenshaltungskosten: also aus Miete und Geld für Nahrungsmittel, für Transport und für Versicherungen.
Da die meisten Praktika mehrere Monate dauern, ergeben sich so schnell Summen zwischen 3.000 bis 8.000 Euro. Zudem müssen jungen Menschen überwiegend mehrere Praktika absolvieren, bevor sie eine bezahlte Arbeit finden: 53 Prozent gaben an, dass sie mindestens zwei unbezahlte Praktika gemacht haben.
Durch die steigenden Preise für Miete, Strom, Gas und Lebensmittel werden die Kosten 2023 weiter steigen. Da sind sich die Forscher und Forscherinnen sicher.
Keine unbezahlten Praktika mehr: EU-Parlament fordert Verbot
Der Beschäftigungsausschuss im EU-Parlament stimmte für ein Verbot von unbezahlten Praktika. Damit soll verhindert werden, dass junge Europäer und Europäerinnen zu Beginn ihres Arbeitslebens ausgebeutet werden. Jedes Praktikum soll fair bezahlt werden und als Berufserfahrung anerkannt werden. Sie sollen zeitlich befristet sein und sollen nicht verlängert werden dürfen. Prekäre Arbeitsverhältnisse durch immer wieder erneuerte Praktika, dürfen nicht die Stelle von Einstiegsjobs, Vollzeitstellen oder unbefristeten Arbeitsverträgen treten.
„Praktikantinnen und Praktikanten verrichten echte Arbeit. Sie haben das Recht auf einen fairen Lohn. Es ist höchste Zeit, dass wir damit aufhören, sie als billige oder unbezahlte Arbeitskräfte zu missbrauchen.” Theresa Muigg, sozialdemokratische Abgeordnete im EU-Parlaments (MEP).
Sollte das Gesetz beschlossen werden, gelten Praktikanten und Praktikantinnen als gleichwertige Angestellte. Das heißt: Sie haben ein Recht auf faire Bezahlung, Sozialversicherung, Rentenabsicherung und bezahlten Urlaub. Das entlastet nicht nur die jungen Menschen in Europa, sondern trägt auch zu einer gerechteren Gesellschaft bei.
Unbezahlte Praktika verstärken die Ungleichheit in der Gesellschaft
Unter den 345 Befragten gaben 70 Prozent an, sich die unbezahlte Arbeit nicht mehr leisten zu können. Dabei sind junge Menschen aus Haushalten mit geringen Einkommen stärker betroffen, als junge Menschen aus Haushalten mit mittleren oder hohem Einkommen. Größtenteils sind das Alleinerziehende oder deren Kinder, Menschen mit Migrationshintergrund oder auch Menschen mit Behinderung. Es trifft wieder einmal die ohnehin schon Benachteiligten.
Unbezahlte Praktika verstärken somit die Ungleichheit in der Gesellschaft. Sie tragen dazu bei, dass ohnehin schon benachteiligte Menschen schwer eine Arbeit finden. Denn wer keine Praktika gemacht hat, hat oft mangels Erfahrung keine Chance eine bezahlte Arbeit zu finden.
Schlechte Arbeitsbedingungen, keine Sozialversicherung und ständiger Stress
Rund ein Drittel der Befragten gaben an, dass sie neben dem Praktikum arbeiten müssen. Nur so können sie überhaupt überleben. Dabei vergessen sie jedoch oft die versteckten Kosten, warnen die Forscher:innen. Denn die ständige Doppel-Belastung führt zu Stress und Erschöpfung. Dadurch leidet die körperliche und mentale Gesundheit. Die Folgen: Schlafstörungen, Burnouts und Angstzuständen.
Viele der befragten Praktikant:innen berichten zudem von schlechte Arbeitsbedingungen. So bekämen sie etwa keine offiziell unterschriebenen Arbeitsverträge. Auch die geringe Wertschätzung macht vielen zu schaffen. Kein Wunder: Denn manche Unternehmen sehen sie als billige Arbeitskräfte für Aufgaben, die sonst niemand erledigen möchte.