Von der Fabrik bis in die Umkleidekabine: Lieferkettengesetz soll Unternehmen zur Kontrolle und Einhaltung der Menschenrechte verpflichten

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Das EU-Parlament einigt sich auf eine gemeinsame Position zum Lieferkettengesetz. Das Gesetz soll Unternehmen dazu verpflichten, Menschenrechtsverletzungen sowie umweltschädliches Verhalten in ihren Lieferketten zu erkennen und zu verhindern. Künftig sollen sie einer Sorgfaltspflicht unterliegen und stärker in die Verantwortung genommen werden. Bei Verstößen sollen Bußgelder fällig werden. 

Ein T-Shirt legt rund 18.000 Km zurück, bevor es in der EU in den Handel gelangt. Von der Baumwollproduktion, über das Nähen und Färben bis hin zum Verkauf: die Liefer- und Wertschöpfungsketten sind inzwischen weltweit-verzweigt. Leider kommt es in diesen Lieferketten immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltverbrechen. Darunter Landraub, Zwangsarbeit und illegale Müllentsorgung. 

Eine EU-Richtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) soll Unternehmen jetzt stärker in die Pflicht nehmen, Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten zu verhindern. 

Sorgfaltspflicht: Unternehmen müssen für die Einhaltung der Menschenrechte in ihrer gesamten Lieferkette sorgen

Das Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen dazu, sich ihre Lieferketten ganz genau anzuschauen. Sowohl die vorgelagerten (Rohstoffabbau), als auch die nachgelagerten (Verwertung und Entsorgung). Das heißt: Sie müssen mögliche Verletzungen der Menschenrechte und umweltschädliches Verhalten erkennen, verhindern und – falls schon geschehen – entschädigen. 

Dies gilt nicht nur für die eigenen Lieferketten, sondern auch für die Lieferketten von Partnern, Zulieferern und Rohstoffproduzenten. Werden etwa die Näher und Näherinnen in den Textilfabriken fair bezahlt? Bekommen die Arbeiter:innen auf den Baumwollplantagen Schutzmasken, die sie vor den Schädlingsbekämpfungsmitteln schützen? 

Im Grunde genommen ist es eine Sorgfaltspflicht. Unternehmen werden für die Folgen und Auswirkungen ihres Handelns auf allen Ebenen in die Verantwortung genommen. 

„Die Unternehmen müssen uns allen garantieren, dass entlang der gesamten Wertschöpfungskette – also bei jedem einzelnen Schritt vom Rohmaterial bis zum fertigen Produkt – Arbeits- und Menschenrechte genauso wie Umweltschutzvorschriften eingehalten werden.“ Evelyn Regner, Vizepräsidentin des EU-Parlaments

Die S&D habe eigentlich noch schärfere Regeln gefordert, doch die konservativen Abgeordneten der ÖVP/EVP stimmten dagegen, so Regner weiter.

Mit der Sorgfaltspflicht kommt auch eine Pflicht zu berichten. Und zwar über Ergebnisse der Analyse der Lieferketten sowie die ergriffenen Präventionsmaßnahmen. Die Einhaltung des Gesetzes soll durch eine Behörde überprüft werden. Bei Verstößen sollen Bußgelder drohen.

Wen betrifft das Lieferkettengesetz?

Das Lieferkettengesetz betrifft drei Gruppen von Unternehmen: 

  1. Unternehmen mit mehr als 500 Arbeiternehmer:innen und einem weltweiten Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro (Netto).
  2. Unternehmen mit mehr als 250 Arbeitnehmer:innen und 40 Millionen Euro Umsatz (Netto), wovon mindestens 20 Millionen in einem Risikosektor (Landwirtschaft, Fischerei, Lebensmittel, Chemie oder Ressourcenabbau) erwirtschaften werden.  
  3. Unternehmen aus Drittstaaten, die mindestens 40 Millionen Euro Umsatz in der EU machen.

Große Unternehmen mit mehr als 500 Arbeiter:innen müssen Klimaschutzplan vorlegen

Nicht nur die Einhaltung der Menschenrechte, sondern auch der Klimaschutz soll durch das Lieferkettengesetz verbessert werden. Dazu sollen große Unternehmen mit mehr als 500 Angestellten zur Ausarbeitung eines Klimaschutzplans verpflichtet werden. Dafür müssen sie die Unternehmensstrategie mit dem 1,5 °C Ziel der EU in Einklang bringen. Vereinfacht ausgedrückt: Sie müssen ihre CO₂-Emissionen reduzieren, um die Erderwärmung zu begrenzen.   

Mehr Rechte für Geschädigte: Längere Verjährungsfristen und mögliche Sammelklagen

Da es bisher keine Sorgfaltspflicht gibt und die Unternehmen sich nicht in der Verantwortung sehen, kommt es entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen. Menschen arbeiten unter Zwang, werden ausgebeutet und erkranken aufgrund von mangelnder Schutzkleidung und schlechten Arbeitsbedingungen. Meist haben sie keine Chance auf Entschädigung, da sie ihre Rechte nicht kennen oder diese in ihrem Land schlicht nicht existieren. 

Dank des Einsatzes der sozialdemokratischen Fraktion soll es in Zukunft für Geschädigte jedoch einfacher werden, von Unternehmen Schadensersatz zu erhalten. Sie sollen die Möglichkeit haben, Sammelklagen oder sofortige Unterlassungsklagen einzureichen. Auch sieht die Richtlinie verlängerte Verjährungsfristen vor. 

Wie geht es weiter und ab wann gilt das Gesetz?

Nach Beschluss des Lieferkettengesetzes haben die EU-Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie umzusetzen. Vorher muss die Richtlinie jedoch noch im Trilog zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und EU-Rat verhandelt werden. Der Trilog ist Teil des Gesetzgebungsverfahrens der EU.